6.- 12. September 2002 Westflügel

Balance

Malerei und Raku
Eine Ausstellung von
Frau Ulrike Hawelka u. Herrn Rainer Schmidt-Lierse, Spangenberg


Gegensätze sind in Balance

Reiner Schmidt-Lierse und Ulrike Hawelka zeigen ihre Werke im Kloster Haydau

Von Katja Becker

MORSCHEN. Balance im Kloster. Da denkt man an gestresste Manager, die hinter mönchischen Mauern, abgeschirmt von der Welt, durch einen Wochenend-Crashkurs innere Ruhe finden wollen. Balance" im Kloster Haydau ist anders und doch entspannend zugleich.
Ab Freitag, 6. September, bis Donnerstag, 12. September, sind im Westflügel des Morschener Klosters Bilder, Skulpturen und Keramiken von Reiner SchmidtLierse und Ulrike Hawelka zu sehen und auch zu kaufen.
Da sich Klosterparkfest und Ausstellung zeitlich überschneiden, kann sich der Kunstbegeisterte ab 20 Uhr, gleich nach der Feierstunde zur Eröffnung des Klosterparkfestes, zur Vernissage begeben. Dort geht es, der Name deutet es an, um „Gegensätze, die einander bedingen und in Balance eine Einheit bilden", um „den rhythmischen Tanz der Polaritäten." Der gebürtige Spangenberger Reiner Schmidt-Lierse, als Theatermaler in Kassel tätig, zeigt dazu etwa 22 Gemälde und 5 Skulpturen, Ulrike Hawelka, Kuratorin des Kunstpfades Ars Natura, um die 20 Keramikarbeiten in Raku-Technik.
Die Werke der beiden Künstler, die seit fünf Jahren zusammen arbeiten, ergänzen sich dabei ideal. Zwar wurden die Objekte einzeln gestaltet, aber „ die Kombinationen zwischen Skulptur und Malerei sind schon vorgedacht", erklärt Reiner Schmidt-Lierse. Es gibt rein äußere Korrespondenzen wie Farbigkeit, aber auch innere, weniger offensichtliche. Raku, eine alte japanische Technik, wurde ursprünglich zur Herstellung von Schalen und Tellern für die Teezeremonie verwendet. Die bereits geformten, einmal gebrannten und glasierten Objekte werden bei etwa 1000 Grad im Ofen ein zweites Mal gebrannt, in Sägemehl gebettet

Gefäß erlebt durch Feuer eine Verwandlung

und schließlich in Wasser gelöscht. Es hat, wie Ulrike Haelka es ausdrückt, „etwas Unmittelbares und Überraschendes", wenn ein „aus Wasser und Erde entstehendes Gefäß durch Feuer seine Verwandlung erlebt. "
Und so vereinen sich in jeder Raku-Skulptur nicht nur gegensatzliche Energien, verschiedene Elemente, sondern sie komnen darin in ihrer Polarität zur Ruhe, sind im Gleichgewicht. So erhält es sich auch mit den „Spiralwegen" auf einem Bild Reiner Schmidt-Lierses. Zwar verlaufen die beiden Spiralen für den Künstler abstrahierte Wasserstrudel, in entgegengesetzten Richtungen, aber sie sind in dieser Polarität wie Gut und Böse untrennbar miteinander verbunden, „bedingen einander." Wie die Spiralwege zeigen viele der Ausstellungsstücke Anklänge an die Vor- und Frühgeschichte der Menschheit. Sowohl Spiral- als auch Y-Form welche die gemeinsame Bodeninstallation der Künstler dominiert, seien Zeichen aus alten Kulturen.
Aber man sucht nicht bewusst in der Frühgeschichte. Vielmehr ist es eine Art Rückkopplung. Man sieht in den alten Sachen Parallelen zu dem, was man jetzt macht", so Reiner Schmidt-Lierse, der sich schon mal durch Fundstücke wie im Weinberg gefundene Akazienstöcke inspirieren lässt. „Ich hob einen Stock auf, merkte, dass er gut klang und kam so auf die Idee zu der Klangskulptur." Von deren musikalischen Fähigkeit kann sich der Besucher der Ausstellung selbst überzeugen, denn Anfassen ist hier nicht verboten sondern erwünscht.Vorsichtiger sollte man schon beim Raku-Kopf sein, der außer der „Knochenfrau" zu den Lieblingsstücken Ulrike Hawelkas gehört. „Der Kopf hat sich einfach so ergeben; ich bin nicht gezielt an die Arbeit gegangen. " Auch Reiner Schmidt-Lierses fühlt sich besonders mit einem spontanen

„Für jeden verständlich und erfahrbar"


Werk seiner Hand verbunden. Sandzeichen" ist eine Art Kalligraphie aus Quarzsand und Farbe, die an asiatische Schriftzeichen erinnert. „Unheimlich viele Bilder liegen unter dem was man jetzt sieht. Es beinhaltet Schichtungen, Reduktionen und Verwerfungen. "

Mit dem Ausstellungsort sind die Künstler mehr als zufrieden. Ulrike Hawelka: „Das ist für mich die schönste Räumlichkeit hier in der Umgegebung." Auch erreiche man so eine ganz andere Zielgruppe, Leute, die einfach mal durchschlendern wollten.
Ihr künstlerischer Partner der 1986 am Dokumenta-Projekt des Berliner Künstlers Achim Freier mitwirkte zieht einen Vergleich zur Kasseler Weltkunstausstellung: „Im Gegensatz zur Documenta, wo man oft Hintergrundwissen braucht, um zu verstehen, sind unsere Sachen für jeden verständlich und erfahrbar. "
Zu sehen sind die Werke im Westflügel des Klosters Haydau in Altmorschen vom 6. bis 12. September, Samstag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr, während der Woche von 17 bis 19 Uhr.


Reiner Schmidt-Lierse und Ulrike Hawelka

Bilder von der Vernissage