Dr. Bernhard
Christoph
Faust

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_Lebenslauf

tabellarisch

     ausfŸhrlich  
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Fausts Faltblatt
"Liebe
Landleute"
(1785)
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Lebens-
haltungs-
kosten

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  Dr. Faust«s
Gesundheits-
Katechismus
aus 1794

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Hessisches
Ministerium
fŸr Soziales
und Integration
Ÿber Dr. Faust

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Dr. Bernhard Christoph Faust

* 23.5.1755 in Rotenburg an der Fulda
    25.1.1842 in BŸckeburg.
ãWas wir Ärzte wirklich wissen, kann ich auf meinen Daumennagel schreiben."

DR. BERNHARD CHRISTOPH FAUST

Pionier der medizinischen VolksaufklŠrung

Seit 1975 verleihen die Hessische Arbeitsgemeinschaft fŸr Gesundheitserziehung (HAGE) und das Land Hessen an Personen, die sich um die Fšrderung von Gesundheit und PrŠvention in Hessen verdient gemacht haben, die Bernhard-Christoph-Faust Medaille.


Faust war einer der ersten €rzte, die erkannten, wie wichtig die AufklŠrung der Bevšlkerung Ÿber gesunde ErnŠhrung, Hygiene und WohnverhŠltnisse fŸr die Gesundheitsvorsorge ist. Die HAGE hat ihn in einem Heft als "eine der originellsten und kraftvollsten Persšnlichkeiten um die Wende des 18. Jahrhunderts" bezeichnet. Mehr als ein halbes Jahrhundert wirkte er als Hofrat und Leibarzt am FŸrstenhof Schaumburg-Lippe in BŸckeburg. Hier fand er auch seine letzte RuhestŠtte.  Die Stadt ehrte ihren berŸhmten Sohn anlŠsslich dessen 150. Todesjahres im Jahr 1992 mit einer Ausstellung. Der Inhalt des Ausstellungskatalogs (Irmtraut Sahmland: Bernhard Christoph Faust 1755-1842) ist wesentliche Grundlage dieses Beitrags. Hervorgehoben werden soll an dieser Stelle, dass das segensreiche Wirken von Dr. Faust ganz offensichtlich stark geprŠgt wurde in seiner kurzen Zeit als Arzt in Altmorschen. Jahre spŠter, in BŸckeburg, notierte er ãda§ dieses Dorf seinem Herzen noch immer teuer sei.Ò (Irmtraut Sahmland)



Faust in der Landgrafschaft Hessen-Cassel

Geboren wurde Bernhard Christoph Faust am 23.Mai 1755 als Zwilling in der Weingasse in Rotenburg a.d.F. Schon sein Urgro§vater war, ebenso wie sein Gro§vater, Physikus in Hersfeld. Sein Vater hatte diese Stelle seit 1744 in der Stadt und im Amt Rotenburg inne, die spŠter um das Amt Spangenberg (hierzu zŠhlte auch der Raum Morschen) erweitert wurde.

Die Weingasse in Rotenburg a.d.F. Eine Hinweistafel am Zaun der BaulŸcke verweist auf das Geburtshaus von Faust
(Vergš§erung durch anklicken!)


Faust besuchte das Carolinum in Cassel, studierte an der UniversitŠt Gšttingen und promovierte 1777 in Rinteln an der Weser zum Doctor Medicinae. Seine medizinischen Studien ergŠnzte er in Kassel, wo er eine geburtshilfliche Ausbildung erhielt. Danach praktizierte er in seiner Geburtsstadt Rotenburg. Im Herbst 1785 zog er von dort nach Altmorschen, um hier als Landarzt tŠtig zu sein. Zu seiner Praxiseršffnung lie§ er ein achtseitiges Faltblatt verteilen. Ein beeindruckendes Dokument seiner Berufsauffassung und seiner Einstellung zu seinen Mitmenschen. Seine Informationen begannen mit einem Zitat des ršmischen Dichters und Epikers Vergil

SinngemŠ§ Ÿbersetzt: "Weil mir Leiden vertraut, lern' ich zu helfen den Armen." 
(Faust war in seiner Kindheit an Pocken erkrankt und hatte Ÿberlebt.)

In dem Faltblatt stellte er sich als "gerechter, guter, rechtschaffener Mann" vor und bot seine Hilfe an. Zwar habe er selbst nicht viel, werde aber seinen Haushalt so einrichten, dass er wenig benštigen wŸrde. FŸr seinen Šrztlichen Rat und die selbst hergestellten Arzneien verlangte er nur ein bescheidenes Honorar. Den Armen bot er kostenlose Hilfe an. Hausbesuche werde er zu Fu§ erledigen und nur in dringenden FŠllen mit dem Pferde. Weiter als drei Stunden werde er aber nicht zu den Kranken gehen.
Vieles von dem, was sein spŠteres Wirken bestimmen sollte, manifestierte er schon auf diesen acht Seiten: Frische Luft, Reinlichkeit in den Wohnungen und bei der Kšrperpflege, sauberes kaltes Wasser, kein "heilloses Brandteweintrinken" und gesunde, nicht verdorbene, Nahrungsmittel waren fŸr Faust wichtige Voraussetzungen  zur Vorbeugung von Erkrankungen und im Falle einer Erkrankung. Er bot Hebammenunterricht an, um die damals hohe Sterblichkeitsrate fŸr MŸtter und Kinder bei Geburten zu senken. Faust gab seinen "lieben Landleuten" Hinweise, wie erkrankte Kinder bei einer Pockenerkrankung zu behandeln sind und formulierte in seinem Faltblatt einen Fragenkatalog, um eine treffende Diagnose zu stellen, wenn er die Kranken nicht selbst untersuchen konnte. Falls "allgemein herrschende Krankheiten und Seuchen" auftreten, werde er die Bevšlkerung informieren.
Seine Empfehlungen, durch †bertragen des "Blatterngiftes" von an Pocken erkrankten Kindern auf gesunde Kinder einen abgeschwŠchten Verlauf dieser Krankheit zu erreichen, erklŠren sich aus dem damaligen Wissen der €rzte. Nur wenige Jahre spŠter sollte sich ein anderer Weg zur BekŠmpfung dieser oft tšdlich verlaufenden Volksseuche erfolgreich durchsetzen.
Sein Faltblatt endete mit dem Absatz


In Altmorschen begegnete ihm der Alltag der Landbevšlkerung in dieser Zeit tŠglich und hier machte er seine lebensprŠgenden Erfahrungen. In Veršffentlichungen schrieb er Ÿber Altmorschen: "Oft und viel bin ich in den HŸtten des Volks, und an den Betten der Kranken gewesen, und ich habe gesehen die Armuth und das Elend des Volks. - Sie sind gro§! gro§ in jedem Lande! - der Arme ist auch ein Mensch - ist unser Bruder Ð er arbeitet fŸr uns." Und an anderer Stelle: "Wir €rzte, sind wir gleich nicht unbekannt mit dem Elende, so kommen wir doch zu wenig auf das Land, wo 2/3 oder 3/4 der Menschen in gewšhnlich armseligen, ungelufteten, unreinlichen, ungesunden Wohnungen leben und mit vieler Geduld jedes Leiden ertragen: wir kommen in die wenigsten HŸtten des Armuths und des Elends." Mšglich, dass in Altmorschen auch Landgraf Wilhelm von Hessen-Cassel auf ihn aufmerksam wurde, denn die Landgrafenfamilie residierte in dieser Zeit šfter in ihrem Schloss Haydau. Sicher ist, dass Faust Kontakte zu dessen Vetter, dem Landgrafen Wilhelm von Philippsthal hatte und diesen um ein Empfehlungsschreiben fŸr seine Bewerbung als Physikus in der Stadt und im Amt Vacha und den umlegenden €mtern bat. Dieses Gebiet gehšrte damals zur Landgrafschaft Hessen-Cassel. Der Philippsthaler Landgraf lobte den jungen Medicus in hšchsten Tšnen. Faust, sehr beliebt in der Bevšlkerung, auch weil er bescheiden lebte, verlie§ nach knapp zwei Jahren Altmorschen, um im Jahr 1786 die Stelle in Vacha anzutreten. Doch auch hier wirkte er nur kurz. Faust wurde auch Leibarzt der landgrŠflichen Familie in Philippsthal. Prinzessin Juliane von Hessen-Philippsthal, die 1780 Philipp II. Ernst von Schaumburg-Lippe in BŸckeberg geheiratet hatte, holte ihn 1788 in ihre neue Heimat und berief ihn zum Leibarzt und GrŠflich Schaumburg-Lippischen Hofrat.

Faust am FŸrstenhof Schaumburg-Lippe in BŸckeburg

"Statt Hilfe in vielen EinzelfŠllen zu leisten, wird Faust nun zum Lehrer des Volks in Gesundheits- angelegenheiten auf einer quasi Ÿbergeordneten Ebene und mit einer ganz anderen Reichweite, die im Fall des Gesundheitskatechismus in viele europŠische LŠnder hin ausstrahlt. Das schlie§t allerdings mit ein, da§ er immer auch um die Umsetzung im engeren lokalen Umfeld bemŸht ist." (Irmtraut Sahmland)

Dr. Faust bezog eine Etage im Kavaliershaus nahe dem Schloss und zŠhlte nun mit einem Jahresgehalt von 400 Reichstalern zu den Spitzenverdienern der BŸckeburger Bediensteten. Sein Engagement fŸr die Verbesserung der Gesundheit breiter Schichten zeigte sich vor allem in seinen zahlreichen Veršffentlichungen und seinem praktischen Einsatz fŸr die damaligen Volkskrankheiten.


Faust 1796 in BŸckeburg

Im Jahr 1792 wurde der erste Entwurf seines "Gesundheits-Katechismus" aufgelegt, der in der ma§geblichen und mit Holzschnitten versehenen Fassung 1794 erschien. Dr. Faust wollte mit diesem Werk vor allem auch die nicht mit ReichtŸmern gesegnete Landbevšlkerung erreichen. Dies bedingte, dass das Buch nicht viel kosten durfte und verstŠndlich geschrieben sein musste. Hierbei setzte er auf die Erziehung der Kinder in den Schulen. Der Katechismus sollte ein Lehr- und Lesebuch werden. Und er wurde es. Mit der 8.Auflage im Jahr 1802 gingen im deutschen Sprachraum 150.000 Exemplare in den Verkauf. Eine fŸr damalige VerhŠltnisse unvorstellbar hohe Zahl. Der Gesundheitskatechismus wurde vielfach Ÿbersetzt und verbreitete sich Ÿber fast ganz Europa. Ein Blick in die InhaltsŸbersicht zeigt, worum es Dr. Faust vor allem geht: Im ersten Teil werden Fragen der Gesundheitsvorsorge (Hygiene, gesunde ErnŠhrung, Kleidung der Kinder, WohnverhŠltnisse, Bewegung und Ruhe) behandelt, im zweiten Teil die Krankheiten. Hier widmet er sich der hŠuslichen Krankenpflege, besonders aber den ansteckenden Krankheiten.

Die BŸckeburger Erstauflage des Gesundheits-Katechismus
(Vergrš§ern: Bild anklicken!)

Faust wurde in BŸckeburg zu einem entschiedenen VorkŠmpfer fŸr die Schutzimpfung gegen die Pocken. Insbesondere engagierte er sich fŸr die EinfŸhrung der Kuhpockenimpfung, die sogenannte Vakzination. Ihm ist es zuzuschreiben, dass in Schaumburg-Lippe im Oktober 1808 die Impfpflicht verordnet wurde. Schon im April des gleichen Jahres war dies im vorŸbergehend besetzten und zum "Kšnigreich Westphalen" gehšrenden Kurhessen erfolgt, und noch davor im Gro§herzogthum Hessen-Darmstadt im Oktober 1807.

Ganz besonders lag ihm auch die Verbesserung der Geburtshilfe am Herzen. Er sorgte fŸr eine bessere Ausbildung der Hebammen und entwickelte ein Geburtsbett zur UnterstŸtzung der natŸrlichen Geburt. Seine Vorstellungen, wie Kinder heranwachsen sollen, reichen weit bis unsere Zeit hinein: Fšrderung des natŸrlichen Bewegungsdrangs, keine GŠngelbŠnder und LaufstŸhle, gesundheitsgerechte Kleidung u.v.m. Hierzu veršffentlichte er seine RatschlŠge.


Zur Linderung der Schmerzen und zur besseren Heilung von BrŸchen entwickelte Faust fŸr den Einsatz in der Chirurgie eine Beinbruch-Schwebe. Diese diente als Sondermodell auch fŸr den Fronteinsatz in den napoleonischen Kriegen. Die Leiden verwundeter Soldaten hatte er bereits 1794 bei einem Besuch an der Front bei Arnheim erleben mŸssen. Jahrzehnte vor GrŸndung des Roten Kreuzes schrieb er an seinen in Kassel als Garnisons-Medicus tŠtigen Schwager Philipp Hunold, dass die Unantastbarkeit der Kriegslazarette durch internationalen Vertrag sichergestellt werden mŸsse.

Faust im Jahr 1836

Mit zunehmendem Alter beschŠftigte Faust sich auch mit Fragen der Architektur. Die WohnverhŠltnisse breiter Bevšlkerungsschichten im lŠndlichen Bereich hatte er in Altmorschen und sicher auch noch im BŸckeburger Raum erlebt. Er entwarf lichtdurchflutete WohnhŠuser und gut durchgrŸnte neue Siedlungen mit unterirdischem Kanalsystem. Seine VorschlŠge, wie durch bessere Besonnung, BelŸftung und Bauweisen die Gesundheitsvorsorge entscheidend verbessert werden kann, gelten vom Grundsatz her heute noch. 1827 formuliert er in einem Brief an seinen FŸrsten, es sei ihm ein dringendes Anliegen, "da§ die Menschen in ihren SonnenhŠusern, massiv von Lehmsteinen erbaut, gesund, im Sommer kŸhl, im Winter warm und in Frieden wohnen; da§ die HŠuser der Menschen fŸr Jahrhunderte dauerhaft, wohlfeil und leicht Ÿberall zu erbauen, recht und schšn und den Menschen Freude, Zierde und Ehre, ein Tempel seyen; und da§ HŠuser und StŠdte nicht abbrennen."

Dr. Bernhard Christoph Faust starb nach kurzer Krankheit am 25. Januar 1842 im Alter von 86 Jahren in BŸckeburg. Er blieb zeitlebens ledig.


Otto Wohlgemuth


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